Versuch 3.2

 

Dickenmessung durch Rückstreuung

 


Gammastrahlung zeigt mit Materie die folgenden Wechselwirkungsprozesse Photoeffekt, Comptoneffekt und Paarbildungsprozeß. Durch den Compteneffekt kann Gammastrahlung nicht nur aus der Flugrichtung abgelenkt werden, sondern auch zurück gestreut werden. Dieser Prozeß läuft folgendermaßen ab. Ein anfliegendes Photon mit der Energie Wg und dem Impuls pg trifft ein quasifreies, ruhendes Elektron. Beim Stoß wird die Energie We- auf das Elektron übertragen, so daß nach dem Stoß ein energieärmeres Photon mit der Energie Wg‘ und ein schnelles Elektron der Energie We- auftritt. Es gilt der Energie- und der Impulssatz:

 


 


Aus diesen Gleichungen kam man die Zusammenhänge zwischen dem Streuwinkel J und den Energien berechnen. Mit der Abkürzung e = Wg / m0c0² gilt:

 


 


m0 ist die Ruhemasse des Elektrons, c0 die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. e wird die „reduzierte“ Gammaenergie genannt. Abbildung 1 zeigt das Schema der Wechselwirkung.

 

Bei gegebener Intensität eines Gammastrahls hängt die Zahl der zurück gestreuten Photonen ab von der Dicke der Rückstreuschicht, der Ordnungszahl des Materials und der Dichte. Liegt ein bekanntes Material vor, kann aus der Intensität der rückgestreuten Strahlung auf die Dicke der Schicht geschlossen werden. Über Kalibriekurven kann man auf diese Weise sehr schnell Dickenmessungen ausführen; die Genauigkeit liegt bei ca. 2 – 3 % der Dicke.

Das Meßverfahren wird vor allem dort angewendet, wo nur eine Seite der zu messenden Schicht zugänglich ist; z.B. bei verlegten Rohrleitungen. Das Verfahren ist empfindlich genug, um z.B. Korrossionsfurchen aufzuspüren.

 

2.) Beschreibung der MeßAordnung..

 

Zur Messung der rückgestreuten Strahlung dient ein tragbares Szintillationsspektrometer. Abbildung 2 zeigt den Aufbau des Meßkopfes. Zum Schutz des Szintillators vor der direkten Strahlung dient ein Wolframkonus, in dessen Vorderseite die Strahlenquelle in einer Vertiefung untergebracht ist. Als Strahlenquelle dient eine kleine Perle, in die Cs-137 als Radionuklid eingebracht ist.

 

Bei der Messung wird der Wolframkonus direkt auf das Meßgut aufgelegt. Die rückgestreuten Photonen werden in einem dünnen Szintillatorscheibchen nachgewiesen. Zur optischen Anpassung an die lichtempfindliche Schicht des Photo- Sekundärelektronenvervielfachers dient ein Lichtleiter. Diese Anordnung in einem rechten Winkel soll den Meßkopf bequem handhabbar halten.

 

Die im Sekundärelektronenvervielfacher entstehenden Spannungsimpulse werden über einen Vor- und Hauptverstärker auf ein Zählratenmesser gegeben. Die Messung erfolgt integral; die Schwelle ist fest auf einen geeigneten Wert eingestellt.

 

Der Zählratenmesser hat diverse Meßbereiche; für Dickenmessungen eignet sich mit der eingebauten Präparatstärke der Bereich 3000 Impulse/Sek. Strahlt die Quelle frei in den Luftraum, liegt eine gewisse Anzeige vor, die von der direkten Strahlung und von Streustrahlung aus der Bleiabschirmung herrührt. Durch Wahl einer geeigneten Nullpunktsunterdrückung kann der Zeigerausschlag auf Null eingestellt werden. Bringt man danach irgendwelche Materieschichten direkt vor die Quelle, werden die zurückgestreuten Photonen zusätzlich nachgewiesen, so daß der Zeiger wieder auf einen bestimmten Ausschlag klettert. Es können Kalibrierkurven aufgenommen werden.

 

Zwischen einzelnen Messungen prüfe man immer wieder die Konstanz des Nullpunkte; bei Bedarf regele man nach.

 

3.)     Aufgaben

 

3.1    Der Einfluß der relativen Lage von Meßkopf und Kalibrierplatte ( 10x10cm² ) ist zu untersuchen. Man gehe von einer Randlage zur Mittenlage über.

3.2    Es sind Eichkurven für folgende Materialschichten aufzunehmen Eisen, Aluminium, Kunststoff und Blei. Man vergleiche die Meßergebnisse und deute sie.

3.3    Man messe ein Rohrstück und vergleiche den Meßwert, der aus der Eichkurve für Eisen entnommen wird, mit dem Ergebnis einer direkten Messung mit einem Meßschieber.

 

4.)     Strahlenschutzhinweis

 

Die Präparatstärke beträgt etwa 8 MBq, als Nuklid wird Cs-137 verwendet. Man vermeide mit der Hand oder den Fingern in die Nähe der hier unmittelbar zugänglichen Quelle zu kommen. Die Meßstücke müssen unbedingt immer mit einer Zange auf den Wolframkonus gelegt werden.

 

Die hier gewählte Anordnung - der Meßkopf zeigt nach oben und befindet sich über den Köpfen der Praktikanten - gewährleistet eine minimale Strahlenbelastung. Am Meßplatz ist keine erhöhte Dosisleistung nachweinsbar.

 

5.)     Fragen

 

5.1    Schätzen Sie die Energie der rückgestreuten Photonen ab.

 

5.2    Warum wird bei der vorliegenden Meßanordnung ein dünnerer Szintillator von ca. 4 mm Schichtdicke benutzt?

 

5.3        Wie lange könnte man mit den Fingern in einem Abstand von 1 cm von der Quelle hantieren, ohne eine unzulässige Dosis zu erhalten?

(Gammadosis, nicht beruflich strahlenexponierte Person.)

 


 

       Wg1        Energie des ankommenden Photons

       Wg         Energie des gestreuten Photons

       e-            quasifreies Elektron

       J            Streuwinkel

       We-         kinetische Energie des Elektrons

 

 

 

 

 

 

Abbildung 1: Schema des Comptoneffekts

 

 

 

 

 

1 Strahlenquelle

2 Wolframkonus

3 Szintillatorscheibe

4 Lichtleiter

5 Sekundärelektronenvervielfacher

6 Vorverstärker

7 Bleiabschirmungen

8 Rückstreuende, zu messende Schicht

 

 

Abbildung 2: Meßkopf